Desertec - Strom aus der Wüste
Riesige Solarkraftwerke in der Sahara, die Nordafrika und halb Europa
mit Strom versorgen - das ist die Vision des Projekts Desertec. Seit
Jahren arbeiten die Fachleute daran, doch der Weg dorthin ist steinig.
Desertec soll die
besten Solar-Standorte der Welt, also die Wüsten, mit modernen
Technologien aus den Industrieländern zusammenbringen. "Auf diese Weise
könnten sich sowohl die Technologieländer in Europa als auch die
Wüstenanrainerstaaten Nordafrikas mit sauberer Energie versorgen", sagt
Gerhard Knies, Mitbegründer der Desertec-Foundation und Vater der
Wüstenstrom-Initiative. Theoretisch ließe sich in der Sahara hundertmal
soviel Elektrizität erzeugen wie die Menschheit braucht, sagt er.
Desertec-Pionier Gerhard Knies drängt zum Handeln
In der Sahara scheint
die Sonne viel stärker als in Europa. Deshalb können Solarkraftwerke
dort deutlich effizienter arbeiten als in nördlichen Ländern. Diese
Kraftwerke bestehen allerdings nicht aus Solarzellen, wie sie auf
Hausdächern installiert werden. Es sind solarthermische Kraftwerke, bei
denen große Spiegel das Sonnenlicht, vereinfacht gesagt, auf
Wasserkessel konzentrieren. Das Wasser verdampft, treibt eine Turbine an
und generiert Strom.
Energie rund um die Uhr nutzbar
Diese Technologie hat
einen deutlichen Vorteil gegenüber der Solarzelle auf dem Hausdach. "Man
kann die am Tag gesammelte Solarenergie über Nacht speichern, und zwar
in Form von Hitze", erklärte Knies auf der Konferenz "Solar Energy for
Science", die kürzlich in Hamburg stattfand. Dadurch ließe sich
Solarstrom nach Bedarf liefern.
Nicht nur Europa solle
vom Wüstenstrom profitieren, sondern auch Nordafrika. Denn wenn Europa
in Desertec investiere, entstünden in Marokko, Ägypten und Tunesien neue
Arbeitsplätze für die Bevölkerung vor Ort. "Um das zu schaffen, sollten
sich europäische und afrikanische Staaten zu einem Joint Venture
zusammentun", empfiehlt der Solar-Pionier, "damit ließe sich das Klima
schützen und gleichzeitig die Sahara-Region wirtschaftlich entwickeln."
Das weltgrößte solarthermische Kraftwerk Andasol steht noch in Spanien
Aber in Nordafrika
befürchten viele, Europa sei in Wirklichkeit gar nicht an einer
gleichberechtigten Partnerschaft interessiert, sondern wolle einzig den
Strom, und zwar möglichst billig. Abdelaziz Bennouna, ehemaliger
Generalsekretär des marokkanischen Zentrums für Forschung und Technik,
fasst die Bedenken zusammen: "Die Geschichte lehrt: Was Europa braucht,
holt es sich - egal, ob die Leute das wollen oder nicht." Allerdings
hoffe er, dass Europa "eine gleichberechtigte Partnerschaft" akzeptiere.
Dann könne "tatsächlich eine Synergie entstehen, von der man nur
träumen kann."
Ist eine Partnerschaft auf Augenhöhe möglich?
Für die
Desertec-Befürworter kommt es darauf an, diese Zweifel zu zerstreuen und
Vertrauen zu schaffen. Doch es gibt auch Europäer, die zur Vorsicht
raten. Man solle mit Desertec lieber warten, bis sich die unruhige
politische Situation in Nordafrika stabilisiert habe, sagen sie. Knies
glaubt jedoch, die Zeit sei reif für Desertec.
Viele mögliche Desertec-Standorte liegen in politisch instabilen Regionen
"Durch die politischen
Veränderungen in den nordafrikanischen Ländern kann die Sache einen
großen Schub kriegen", betont er. Während die alten Regierungen im
Maghreb vor allem am Machterhalt interessiert gewesen seien, hätten die
neuen Regierungen jetzt eine Chance, dafür zu sorgen, dass "die
Bevölkerung endlich vernünftige Lebensbedingungen bekommt". Und dazu
müssten sie neue Jobs schaffen.
Wer soll das bezahlen?
Solarkraftwerk in Ägypten - Arbeitsplätze für Tausende?
Gerade deshalb sei
jetzt der Zeitpunkt, in Desertec zu investieren, meint auch Bennouna.
Solch ein Projekt würde die Demokratisierung in Nordafrika unterstützen.
"Ich habe große Hoffnung, dass Europa die Demokratie bei uns
unterstützt und nicht mehr die Diktatoren", sagt er, "das wäre die beste
Grundlage für eine fruchtbare Zusammenarbeit."
Die Frage nach dem Geld
bleibt indes offen. Denn die Solarkraftwerke werden beträchtliche
Investitionen brauchen. "Wir reden hier über Milliarden und nicht über
Millionen", sagt Robert Pitz-Paal vom Deutschen Zentrum für Luft- und
Raumfahrt. Deshalb sei eine gemeinsame Anschubfinanzierung sowohl aus
Europa als auch aus Nordafrika notwendig.
Allerdings bleibe die
Frage politisch heikel, wie die Aufteilung der Mittel aussehen und wie
genau das Geld zusammenkommen solle. "Darüber wird nicht besonders offen
und ehrlich gesprochen", kritisiert Pitz-Paal, und das sei "die
entscheidende Hürde."
Wer für die
Wüstenkraftwerke zahlt, steht also noch in den Sternen. Immerhin scheint
ein Anfang gemacht: Die EU hat angekündigt, 30 Millionen Euro in erste
Pilotanlagen zu investieren, die derzeit in Ägypten und Marokko
entstehen.
Autor: Frank Grotelüschen
Redaktion: Fabian Schmidt
http://www.dw-world.de/dw/article/0,,15097871,00.html
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